Schreib, wenn du kannst!
Wer denkt, dass Schülerinnen und Schüler an freien Nachmittagen bei Badetemperaturen um die 30° niemals freiwillig in der Schule auftauchen würden, irrt. Tatsächlich haben insgesamt rund 140 junge Damen und Herren unseres Gymnasiums und der Neuen Mittelschulen Hermannstraße und Langstögergasse einen der insgesamt fünf Schreibworkshops am BG/BRG Klosterneuburg besucht. Ein erfreulicher Start für das schöne Projekt Literaturpreis!Klosterneuburg.
Aus der Werkstatt geplaudert
Die Workshops für 11- bis 14-Jährige
Schreibwerkstatt für 2. Klassen
Was sind Menschenrechte eigentlich? Aus welchem Anlass sind sie entstanden? Was genau schützen sie? Was bedeuten Begriffe wie Gewissen oder Würde? Was haben die Menschenrechte mit uns zu tun? Diese und viele andere Fragen wurden gemeinsam besprochen und lebhaft diskutiert, bevor die Schülerinnen und Schüler ihre „Schreibhefte“ mit allerlei Anregungen und Schreibimpulsen unter den Arm klemmten, sich ruhige Ecken suchten und an ihren Ideen zu arbeiten begannen.
Workshopleitung: Hemma Poledna, Ulli Schark
3. Klassen
Einfach drauflosschreiben hieß es nach einer kurzen Filmvorführung über Menschenrechte zu Beginn der Schreibwerkstätte der 3. Klassen. Binnen zehn Minuten ließen sich die Schülerinnen und Schüler, die gemeinsam mit Frau Prof. Priska Seisenbacher und Frau Prof. Alexandra Gruber werkten, vom Fluss ihrer Gedanken leiten. Danach standen den experimentierfreudigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern verschiedene Aufgaben offen, aus denen sie frei wählen konnte. Als Ideenzünder gab es etwa „Düfte der Erinnerungen“ oder „Schlagzeilen“ aus Zeitungen. An weiteren Stationen standen Bilder und Comics zu Menschenwürde, Obdachlosigkeit und Rassismus als Impulse zur Verfügung. Am Ende durften die vielen Kreativen noch schnippeln: Der beste Satz aus ihrem allerersten Schreibversuch dieses Nachmittags stand nun am Anfang eines neuen Texts …
Workshopleitung: Alexandra Gruber, Priska Seisenbacher
4. Klassen
Unsere Jugend kann sich nicht konzentrieren.
Unsere Jugend liest keine Bücher.
Unsere Jugend schreibt freiwillig nicht mehr als eine Whats-App-Nachricht auf einmal.
Unsere Jugend kann keine Empathie empfinden.
Unsere Jugend setzt sich nicht mit sich selbst auseinander.
Unsere Jugend engagiert sich nicht.
Über dreißig 14-jährige Mädchen und Buben aus den Klosterneuburger Schulen bewiesen das Gegenteil und arbeiteten einen ganzen freien Nachmittag lang an ihren Einreichungen für den Literaturpreis!Klosterneuburg.
Workshopleitung: Clara Anschuber & Barbara Poyntner
Lernen von den Profis:
Literaturworkshops mit Julya Rabinowich und Olga Flor
70 Jahre Menschenrechte sind das Thema beim Literaturpeis!Klosterneuburg 2018. Rund 45 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe holten sich an zwei Nachmittagen Impulse und Anregungen von hochkarätigen Vertreterinnen der zeitgenössischen österreichischen Literatur.
Donnerstag, 13. September: Julya Rabinowich
Man kann die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören, als die österreichische Autorin mit russischen Wurzeln am ersten Workshopnachmittag Ausschnitte aus ihrem preisgekrönten Debütroman „Spaltkopf“ liest. Die darin verarbeiteten autobiografischen (Flucht)Erfahrungen beziehen sich auf die schwierigen Lebensbedingungen in der ehemaligen Sowjetunion. Menschenrechte also, hautnah, beklemmend und grotesk zugleich. Dass die Autorin darüber hinaus einen „Integrationsroman“ aus der Perspektive eines 15-jährigen Mädchens geschrieben und jahrelang als Übersetzerin im Asylwesen gearbeitet hat, bietet Anlass für viele Fragen der Schülerinnen und Schüler. Frau Rabinowich antwortet gerne und ist entwaffnend offen im Gespräch.
Doch die Erfahrungen der Autorin decken sich nicht mit jenen der jungen Menschen im sonnendurchfluteten Klassenraum. Wie also einen Zugang und eigene Ideen zum Thema finden? Es geht uns doch gut hier! Es wird diskutiert, erzählt, erwogen und schließlich: geschrieben. 15 Minuten lang, ohne Pause. Die Konzentration im Raum ist physisch greifbar. Hier passiert etwas. Danach widmet sich Julya Rabinowich in Einzel- und Kleingruppengesprächen den Schülerinnen und Schülern. Sie hört sich die vielen Ideen und Entwürfe an, fragt nach, hilft weiter, lobt, kommentiert. Die Stimmung ist intensiv, konzentriert und ermutigend. Nein, die Menschenrechte sind nicht von gestern. Literatur übrigens auch nicht.
Ulli Schark
Freitag, 14. September: Olga Flor
Die Stimme erheben, Texte schreiben und das für Menschenrechte – so lautete das Motto des diesjährigen Literaturworkshops am Nachmittag des 14. Septembers dieses Schuljahres. Die hochkarätige Workshopleitung ermöglichte den SchülerInnen, von niemand Geringerem als der Autorin Olga Flor zu lernen. Dafür blieben sie schließlich in großer Zahl auch an einem Freitagnachmittag gerne ein paar Stunden länger in der Schule. Schreibanlässe bot das Thema Menschenrechte genug. Einer gemeinsamen Erarbeitung und theoretischen Einführung in die Bedeutung der vielen verschiedenen Menschenrechte folgte die Konzipierung von Kurzgeschichten, Essays und Gedichten. Der Kreativität der SchülerInnen waren keine Grenzen gesetzt und so entstanden Texte, die wohl unterschiedlicher nicht sein könnten und doch alle das gleiche Ziel verfolgten: Die Wahrung der Menschenwürde und die Problematisierung von Menschenrechtsverletzungen.
„Seht zu, dass eure Figuren an Fleisch gewinnen. Lernt sie richtig kennen“, so die Aufforderung Flors. Die SchülerInnen packten die Gelegenheit beim Schopf, tüftelten, sinnierten und baten die Autorin um Rückmeldung und Rat.
Und doch waren diese kreativen Zeugnisse nur der erste Streich. Ein Perspektivenwechsel musste her, das helfe dem eigenen Text weiter, verhindere, dass man sich in einem ersten Entwurf eines Textes zu sehr einniste und das Potential so vieler anderer Herangehensweisen übersehe. Unter Anleitung Flors zogen die SchülerInnen Reden von Barack Obama, Daniel Kehlmann und Margrethe Vestager heran, um sich Ideen für die eigene Textproduktion zu holen. Kaum verwunderlich, dass die Zeit nur so verflog, aber das Beste daran: Olga Flor erklärte sich bereit über den Workshop hinaus Texte der SchülerInnen zu lesen und Rückmeldungen zu geben – ein Angebot, das mit Begeisterung angenommen wurde.
Priska Seisenbacher